Schreiben an den deutschen Außenminister vom 20. September 2025

Ehemalige deutsche Botschafterinnen und Botschafter schrieben gemeinsam mit dem Lenkungsausschuss von 146 ehemaligen EU-Botschaftern und hochrangigen EU-Funktionsträgern zur Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten an den Bundesminister des Auswärtigen Amtes, Dr. Johann Wadephul: 

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Ehemalige Botschafterinnen und Botschafter für den Frieden

Berlin, den 20. September 2025

An den Bundesminister des Auswärtigen Amtes

Herrn Dr. Johann Wadephul

Auswärtiges Amt, Berlin

Sehr geehrter Herr Minister,

wir schreiben Ihnen als ehemalige deutsche Botschafterinnen und Botschafter gemeinsam mit dem Lenkungsausschuss von 146 ehemaligen EU-Botschaftern und hochrangigen EU-Funktionsträgern zur Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Die Lage in Gaza ist apokalyptisch. Die israelische Armee hat mit der gewaltsamen Einnahme von Gaza-Stadt trotz der Präsenz von Zehn-, vielleicht Hunderttausenden von Zivilisten begonnen. Das militärische Vorgehen wird viele weitere Leben kosten und unendliches weiteres Leid verursachen. Es ist zu befürchten, dass die noch verbliebenen Geiseln, darunter deutsche Staatsangehörige, dies nicht überleben werden.

Internationale, aber auch innerisraelische Kritik und Appelle, unter anderem auch der Bundesregierung, haben nicht zu einem Umdenken geführt. Die israelische Regierung hat durch den Angriff auf den Verhandlungsort Doha in der vergangenen Woche unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie an einem Waffenstillstandsabkommen und der Freilassung der Geiseln durch Verhandlungen nicht interessiert ist.

Wir haben in der vergangenen Woche mit über 300 ehemaligen europäischen Diplomaten (Press Release und Signatories) in einer Erklärung in Vorbereitung auf die diesjährige Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York energische Maßnahmen der VN–Gremien und wirksamen Druck durch die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf die israelische Regierung gefordert, damit sie umdenkt.

Die Kommissionspräsidentin von der Leyen hat hierzu konkrete Vorschläge unterbreitet, welche die EU-Außenbeauftragte Kallas in einem Schreiben an uns präzisiert hat. Sie

erläutert hierin auch, welche qualifizierten Mehrheiten bei der Beschlussfassung der Mitgliedstaaten sie für die Inkraftsetzung der Beschlüsse braucht.

Es handelt sich um folgende Maßnahmen, für die eine Unterstützung durch die Bundesregierung unbedingt erforderlich ist:

Bestimmte präferentielle Handelsvorteile (Zollvergünstigungen) sollen suspendiert werden. Das heißt konkret: Einfuhren aus Israel, die bislang zollfrei oder mit Vergünstigungen in die EU kamen, würden Zöllen unterliegen wie bei anderen Drittländern ohne Assoziierungs- oder Freihandelsabkommen. Etwa 37 % der zwischen Israel und der EU gehandelten Waren würden davon betroffen sein.

Sanktionen gegen die zwei extremistischen israelischen Minister Itamar Ben Gvir (Minister für Nationale Sicherheit) und Bezalel Smotrich (Finanzminister), aufgrund ihrer Rolle bei der Anstiftung zu Gewalt. Zudem Sanktionen gegen gewalttätige Siedler im Westjordanland, aber auch gegen Mitglieder des Politbüros der Hamas, teils basierend auf neuen Kriterien im Rahmen des EU-Sanktionsregimes für Menschenrechte.

Die Kommission schlägt dem Rat den Beschluss vor, bestimmte handelsbezogene Bestimmungen mit qualifizierter Mehrheit auszusetzen.

Die Sanktionen gegen Einzelpersonen sollen über bestehende Rechtsakte und Sanktionsregime erfolgen und unterliegen dem Prinzip der Einstimmigkeit.

Wir bitten Sie eindringlich, die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zu unterstützen.

Sehr bald wird sich in aller Klarheit herausstellen, dass all das, was die Vereinten Nationen, unabhängige Medien und Nichtregierungsorganisationen über die Geschehnisse in Gaza und das Vorgehen des israelischen Militärs berichten und berichtet haben, keine Hamas-Lügen und Übertreibungen, sondern schreckliche Realität sind. Sie wird in der erklärten Absicht von Vertreibung und ethnischen Säuberungen ausgeführt, mit der Konsequenz von Fluchtbewegungen in die Region und nach Europa. Dann werden wir erst recht wegen unserer Zögerlichkeit, gegen massive Völkerrechtsverletzungen einzuschreiten, oder gar als Mittäter am Pranger stehen.

Deutschland davor zu bewahren, ist auch Aufgabe dieser Bundesregierung

Mit freundlichen Grüßen

Michael Bock

Christian Clages

Bernd Erbel

Martin Fleischer

Hansjörg Haber

Bernhard Kampmann

Werner Kilian

Matthias Meyer

Reiner Morell

Christian Much

Carola Müller-Holtkemper

Bernd Mützelburg

Martina Nibbeling-Wriessnig

Heinz Peters

Eberhard Pohl

Peter Prügel

Birgitta Siefker

Volker Stanzel

Brita Wagener

Thomas Wriessnig

Michael Doyle

Androulla Kaminara

Sven Kühn von Burgsdorff

Jeremy Lester

Luigi Narbone

James Moran

Richard Wright

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