UN-Experten gemahnen Staaten und Zivilgesellschaften an ihre Pflichten

Über 50 Tage nach dem wegweisenden IGH-Gutachten zur Rechtswidrigkeit der israelischen Besetzung palästinensischen Territoriums erklärten ausgewiesene Experten, dass die Verwirklichung der Selbstbestimmung nicht bilateralen Verhandlungen zwischen zwei ungleichen und asymmetrischen Parteien – dem Besatzer und dem Besetzten – überlassen werden könne, die Staatengemeinschaft aber ihrerseits nicht willens oder in der Lage zu sein scheine, ihren Verpflichtungen nachzukommen, sondern stattdessen die Augen vor der Not der Menschen verschließe und damit die völkermörderische Gewalt fördere: "Gaza steht nach wie vor unter Belagerung und schwerem Bombardement. Häuser, Schulen, Krankenhäuser und dicht besiedelte Flüchtlingslager, in denen Tausende von Menschen untergebracht sind, werden regelmäßig angegriffen. Das Ausmaß der daraus resultierenden Umweltzerstörung und -verschmutzung in Gaza muss noch vollständig abgeschätzt werden. Das Ausmaß der Zerstörung der palästinensischen Landschaft und des städtischen Gefüges, einschließlich Schulen und Universitäten, Krankenhäuser, der Verletzung von Wohnraum, Land und Eigentum, der Verschmutzung und Erniedrigung der Umwelt und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ist in Gaza extrem und greift auf das übrige besetzte Gebiet zu, was zu Vorwürfen von Domizid , Urbizid, Scholastizid , Medicizid, kulturellem Genozid und in jüngster Zeit Ökozid führt. Extreme Gewalt und Einschüchterungsversuche gegen Palästinenser im Westjordanland sowie militärische Angriffe auf die Städte Dschenin, Nablus, Tulkarem Tubas und auf ländliche Gebiete, wo Palästinenser Viehzucht betreiben, eskalieren." - Die Staaten sollten alle Interaktionen mit Israel daraufhin überprüfen, ob sie die unrechtmäßige Präsenz des Landes in den besetzten palästinensischen Gebieten unterstützen oder ihm dabei Hilfe leisten, sie sollten den Staat Palästina anerkennen, ein umfassendes Waffenembargo verhängen und auch keine Dual-Use-Güter mehr liefern, die gegen die besetzte palästinensische Bevölkerung eingesetzt werden könnten. Sie sollten ferner die Einfuhr bestimmter Güter verbieten und Maßnahmen zur Kennzeichnung und Zulassung von Gütern und Dienstleistungen ergreifen, die von palästinensischen Einzelpersonen und Unternehmen in den besetzten Gebieten stammen. Nicht zuletzt geht es um das "Abbrechen oder Aussetzen von Wirtschaftsbeziehungen, Handelsabkommen und akademischen Beziehungen mit Israel, die zu dessen unrechtmäßiger Anwesenheit und Apartheidregime im besetzten palästinensischen Gebiet beitragen könnten", um die Verhängung von "Sanktionen, einschließlich der Einfrierung von Vermögenswerten, gegen israelische Einzelpersonen und Einrichtungen, darunter Unternehmen, Konzerne und Finanzinstitute, die an der unrechtmäßigen Besatzung und dem Apartheidregime beteiligt sind, sowie gegen alle ausländischen oder inländischen Einrichtungen und Einzelpersonen, die ihrer Gerichtsbarkeit unterliegen und Waren und Dienstleistungen liefern, die die Besatzung und die Apartheid unterstützen, fördern oder ermöglichen." Auch sollten die Staaten "diejenigen Personen untersuchen und strafrechtlich verfolgen, die ihrer Gerichtsbarkeit unterliegen und an Verbrechen in den besetzten palästinensischen Gebieten beteiligt sind", und sie sollten alle Gesetze und Richtlinien aufheben, "die das Eintreten für das palästinensische Selbstbestimmungsrecht und den gewaltlosen Widerstand gegen die israelische Besatzung und Apartheid, einschließlich der Unterstützung der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS), kriminalisieren und bestrafen." - Besondere Verantwortung kommt in der augenblicklichen Situation den Zivilgesellschaften zu. "Angesichts der unverantwortlichen Untätigkeit der meisten Regierungen ist es nun die Pflicht der zivilgesellschaftlichen Organisationen und der nationalen Menschenrechtsinstitutionen, aktiv zu werden und ihre Staaten aufzufordern, dem wegweisenden Gutachten des IGH Folge zu leisten. Es ist an der Zeit, an die Türen aller politischen Führer und verantwortlichen Ministerien auf der ganzen Welt zu klopfen, um Israels illegale Besatzung, Apartheid, Unterdrückung und Angriffe auf das palästinensische Volk zu beenden und letztlich Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht sicherzustellen. Dies sind wir vor allem den Frauen und Kindern schuldig, die von der gegenwärtigen Katastrophe überproportional betroffen sind." Der Aufruf schließt mit einem eindringlichen Appell: "Wenn wir jetzt nicht handeln, wird das gesamte Gebäude des Völkerrechts und die Rechtsstaatlichkeit in der Weltpolitik gefährdet. - Die Welt steht auf der Kippe: Entweder wir schreiten gemeinsam in Richtung einer Zukunft des gerechten Friedens und der Rechtmäßigkeit – oder wir rasen in Richtung Anarchie und Dystopie und einer Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt.“ Der ganze Text findet sich hier

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