VG Berlin, 24 K 7/23, Urteil v. 23.8.2023 betr. Slogan "From the River to the Sea, Palestine will be free"
Hier ist ein Link zu diesem Urteil. Siehe insbesondere Rn. 34 ff.:
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dd) Soweit der Verfassungsschutz und die Ausländerbehörde den Vorwurf, Samidoun unterstütze terroristische Organisationen, auf die häufige Verwendung des Slogans „From the River to the Sea, Palestine will be free“ [Vom Fluss bis ans Meer, Palästina wird frei sein] stützen (vgl. hierzu auch: Verfassungsschutz Berlin. Bericht 2022: https://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/publikationen/ verfassungsschutzberichte/), überzeugt dies nicht.
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Der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ enthält als solches weder einen Aufruf zu Gewalt und Terror noch negiert der Slogan für sich genommen das Existenzrecht Israels. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der genannte Slogan, der in der Palästinenserbewegung weltweit seit den 1960er Jahren in Gebrauch ist, in der jüngeren Vergangenheit zum Teil auch auf Versammlungen in Berlin auftauchte, bei denen es aus der Menge der Demonstrationsteilnehmer zu strafbaren und volksverhetzenden Äußerungen wie „Bombardiert Tel Aviv“, „Tod, Tod Israel“ oder „Mit Seele und Blut erlösen wir dich, Aqsa“ kam (vgl. hierzu jüngst VG Berlin, Beschluss vom 19. Mai 2023 – VG 1 L 217/23 – EA S. 5). Anders als die zuletzt aufgeführten volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Äußerungen enthält der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ jedoch keinen ausdrücklichen Aufruf zu gewaltsamen Handlungen (gegen Israel).
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Zwar drückt der Slogan den Wunsch nach einem freien Palästina vom (Jordan)Fluss bis zum Mittelmeer aus, das heißt in einem Gebiet, in dem Israel in seinen heutigen Grenzen liegt. Der Slogan sagt aber als solches nichts darüber aus, wie dieses – politisch hoch umstrittene – Ziel erreicht werden soll. Grundsätzlich sind politisch verschiedene Mittel und Wege denkbar, dieses abstrakte Ziel zu erreichen, beispielsweise durch völkerrechtliche Verträge, eine Zwei-Staaten-Lösung, einen einheitlichen Staat mit gleichen Bürgerrechten für Israelis und Palästinenser oder aber mittels des bewaffneten Kampfes. Ob die aufgezeigten alternativen Wege politisch realistisch sind, ist dabei unerheblich. Einen zwingenden Aufruf zum bewaffneten Kampf gegen Israel beinhaltet der Slogan als solcher jedenfalls nicht. Dementsprechend plädieren auch namhafte Antisemitismusforscher dafür, den Slogan in erster Linie als Ruf nach Freiheit und Gleichberechtigung für das Gebiet zwischen dem Jordanfluss und dem Mittelmeer zu verstehen und – wenn nicht zwingende zusätzliche Beweise das Gegenteil nahelegen – eben nicht als Aufruf zu Gewalt und Zerstörung (vgl. hierzu das ins Verfahren eingeführte Gutachten von Alon Confino und Amos Goldberg zur Frage: „Ist der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ antisemitisch?“). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Slogans durch Samidoun zwingend als Aufruf zu Gewalt und Terror gegen Israel zu verstehen ist, hat der Beklagte nicht vorgetragen und sie sind auch für das Gericht nicht ersichtlich. Aus der Ziel- und Zwecksetzung der Organisation, die sich in erster Linie als Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Häftlinge versteht, folgt dies ebenfalls nicht (siehe oben). Auch aus dem Aktionsradius der Organisation ergibt sich dies nicht. Samidoun sammelt auf seiner Internetseite Spenden für palästinensische Häftlinge, organisiert im Netz Solidaritätskampagnen und tritt ansonsten als Organisatorin von politischen Veranstaltungen und Versammlungen auf. Dass Samidoun bzw. Vertreter von Samidoun an gewalttätigen bzw. terroristischen Handlungen beteiligt wären bzw. – abgesehen von der bloßen Verwendung des Slogans „From the River to the Sea, Palestine will be free“ – direkt zu solchen Handlungen aufrufen würden, trägt der Beklagte nicht vor und es ist auch für das Gericht nicht ersichtlich.
dd) Soweit der Verfassungsschutz und die Ausländerbehörde den Vorwurf, Samidoun unterstütze terroristische Organisationen, auf die häufige Verwendung des Slogans „From the River to the Sea, Palestine will be free“ [Vom Fluss bis ans Meer, Palästina wird frei sein] stützen (vgl. hierzu auch: Verfassungsschutz Berlin. Bericht 2022: https://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/publikationen/ verfassungsschutzberichte/), überzeugt dies nicht.
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Der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ enthält als solches weder einen Aufruf zu Gewalt und Terror noch negiert der Slogan für sich genommen das Existenzrecht Israels. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der genannte Slogan, der in der Palästinenserbewegung weltweit seit den 1960er Jahren in Gebrauch ist, in der jüngeren Vergangenheit zum Teil auch auf Versammlungen in Berlin auftauchte, bei denen es aus der Menge der Demonstrationsteilnehmer zu strafbaren und volksverhetzenden Äußerungen wie „Bombardiert Tel Aviv“, „Tod, Tod Israel“ oder „Mit Seele und Blut erlösen wir dich, Aqsa“ kam (vgl. hierzu jüngst VG Berlin, Beschluss vom 19. Mai 2023 – VG 1 L 217/23 – EA S. 5). Anders als die zuletzt aufgeführten volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Äußerungen enthält der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ jedoch keinen ausdrücklichen Aufruf zu gewaltsamen Handlungen (gegen Israel).
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Zwar drückt der Slogan den Wunsch nach einem freien Palästina vom (Jordan)Fluss bis zum Mittelmeer aus, das heißt in einem Gebiet, in dem Israel in seinen heutigen Grenzen liegt. Der Slogan sagt aber als solches nichts darüber aus, wie dieses – politisch hoch umstrittene – Ziel erreicht werden soll. Grundsätzlich sind politisch verschiedene Mittel und Wege denkbar, dieses abstrakte Ziel zu erreichen, beispielsweise durch völkerrechtliche Verträge, eine Zwei-Staaten-Lösung, einen einheitlichen Staat mit gleichen Bürgerrechten für Israelis und Palästinenser oder aber mittels des bewaffneten Kampfes. Ob die aufgezeigten alternativen Wege politisch realistisch sind, ist dabei unerheblich. Einen zwingenden Aufruf zum bewaffneten Kampf gegen Israel beinhaltet der Slogan als solcher jedenfalls nicht. Dementsprechend plädieren auch namhafte Antisemitismusforscher dafür, den Slogan in erster Linie als Ruf nach Freiheit und Gleichberechtigung für das Gebiet zwischen dem Jordanfluss und dem Mittelmeer zu verstehen und – wenn nicht zwingende zusätzliche Beweise das Gegenteil nahelegen – eben nicht als Aufruf zu Gewalt und Zerstörung (vgl. hierzu das ins Verfahren eingeführte Gutachten von Alon Confino und Amos Goldberg zur Frage: „Ist der Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“ antisemitisch?“). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Slogans durch Samidoun zwingend als Aufruf zu Gewalt und Terror gegen Israel zu verstehen ist, hat der Beklagte nicht vorgetragen und sie sind auch für das Gericht nicht ersichtlich. Aus der Ziel- und Zwecksetzung der Organisation, die sich in erster Linie als Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Häftlinge versteht, folgt dies ebenfalls nicht (siehe oben). Auch aus dem Aktionsradius der Organisation ergibt sich dies nicht. Samidoun sammelt auf seiner Internetseite Spenden für palästinensische Häftlinge, organisiert im Netz Solidaritätskampagnen und tritt ansonsten als Organisatorin von politischen Veranstaltungen und Versammlungen auf. Dass Samidoun bzw. Vertreter von Samidoun an gewalttätigen bzw. terroristischen Handlungen beteiligt wären bzw. – abgesehen von der bloßen Verwendung des Slogans „From the River to the Sea, Palestine will be free“ – direkt zu solchen Handlungen aufrufen würden, trägt der Beklagte nicht vor und es ist auch für das Gericht nicht ersichtlich.
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